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Spieltechnik des Gypsyjazz

Akkordbegleitung und Chordsubstitution

Die Akkordbegleitung des/der Gitarristen im Jazz und ganz besonders im Jazz-Manouche ist eines der wichtigsten Themen überhaupt. Insbesondere im Jazz-Manouche der ja früher auch “String-Jazz” genannt wurde, also Jazz der ausschliesslich auf Saiten-Intrumenten dargeboten wurde.
c6Waren frühere Jazz-Combos meist mit einem Banjo oder einer einfachen Gitarre ausgestattet, so waren diese meist nur reine Begleitinstrumente, die einen einfachen Rhythmus zum Besten gaben. Damit war deren Rolle meist erschöpft.
Das änderte sich in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts ganz grundlegend in Europa speziell durch Gitarristen wie Django Reinhardt, Roger Chaput, Marcel Bianci, Eugene Vees und Sarrane oder Baro Ferret (allesamt Rhythmus-Gitarristen beim berühmten Quintette du Hotclub de France) oder bekannte Gitarristen wie Charlie Christian in den USA. Diese führten die Gitarre ebenfalls als Solo-Instrument ein wodurch auch die Rolle als reines Begleitinstrument ein Stück weit verändert wurde.
Die ersten Besetzungen des Quintette du HotClub de France waren für die damalige Zeit eine komplette Innovation da diese Formation ausschliesslich aus Saiteninstrumenten bestand, entgegen den Jazzbands der frühen 20er Jahre welche in der überwiegenden Anzahl aus Blasinstrumenten (Klarinette, Saxophon, Trompeten) bestenden.

Akkordbegleitung

Da aber auch entgegen den sonst vorherrschenden Bandbesetzungen (Drums, Bass, Bläser, Banjo/Gitarre) im Quintette du HotClub de France auf ein Schlagzeug zunächst verzichtet wurde (in späteren Besetzungen nach dem Krieg experimentierte Django Reinhardt auch mit Schlagzeug-Besetzungen), entwickelte sich dadurch die Rolle der Rhythmusgitarre zu einem DER zentralen Elemente im Gypsyjazz bzw. Jazz-Manouche.

Akkordbegleitung und Chordsubstitution

Was nun ist eine gute Rhythmus-Begleitung?

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Im Jazz (und natürlich auch Jazz-Manouche) geht es um Improvisation. Das bedeutet gleichermaßen dass der Solist extrem auf eine solide Basis angiewiesen ist auf welcher er seine Improvisation ausführen kann. Diese Basis wird im Jazz-Manouche i.d.R. von der Rhythmusgitarre und dem Bass übernommen.

Akkordbegleitung, Chordsubstitution

Bei einer “guten” Begleitung geht es also darum dem Solisten innerhalb eines Turnarounds “interessante” Akkorde anzubieten welche ihn zu interessanten Solis insprieren sollen.

Nehmen wir als erstes Beispiel den Song “All of me” welcher meist im Standard-Repertoire des GJ zu finden ist.
Dies sind die “normal verwendeten” Akkorde des Turnarounds:

Selbstverständlich kann man den Song “All of me” hiermit solide begleiten und wird auch in jeder Jamsession damit zurecht kommen. Aber man kann kann die Akkorde auch durch weitere Substitutionen und Erweiterungen interessanter gestelten um so dem Solisten mehr Freiheiten zu geben seine Imrpovisation mit mehr Esprit zu gestalten.

Chordsubstitution


Als “Chordsubstitution” bezeichnet man vereinfacht gesagt das Ersetzen von einzelnen Akkorden innerhalb eines Songs durch andere. Im Jazz werden oftmals einfache Moll-Akkorde als Moll7 verändert oder es werden DUR-Akkorde in DUR6- oder DUR6/9-Varianten umgewndelt.

Aber die Chordsubstitution geht noch deutlich weiter. Denn es ist ein “ungeschriebenes Gesetz” im Jazz dass man beispielsweise Dominant7-Akkorde in gleichnamige Moll7-Voicings ändert und umgekehrt. Noch weitergehende Änderungen (Substitionen -= Ersetzungen) gibt es allerdings auch. So werden u.a. Akkorde aus ihrer Tritonus-Verwandschaft abgeleitet und ersetzt. All das dient in erster Linie dazu, interessante Akkordbegleitungen zu schaffen.


Hier ein Beispiel einer solchen “interessanteren” Begleitung am Beispiel des Songs “All of me” welche wir uns im folgenden noch genauer Betrachen werden:

Akkordbegleitung und Chordsubstitution


Schauen wir uns die Changes nun einmal genauer an.
Nicht nur dass wir im 2. Beispiel deutlich mehr Akkorde sehen, entsteht durch die Anordnung der gezeigten Akkorde an einigen Stellen eine Art “Leitlinie” an welcher sich der Solist gut orientieren kann (z.B. in Takt 11, 12 und 13 des B-Teils).

Durch die Farbigkeit des Wechsels von C6 nach CM7 entsteht eine Offenheit zur Improvisation, der Solist kann sowohl über C als auch C-Major wie auch deren Substitute spielen.

Die Substitution E7 – E9 kann man durchaus auch umkehren, auch hier ist aber das starre Muster des Septimakkords quasi “aufgebrochen” worden.
Auch beim Wechsel A13 – A7#5 erzeugt man eine gewisse Spannung welche durch die nachfolgenden Dm7 – Bm7b5 wieder relativiert, sprich in Harmonie zurück geführt werden.


Besonders interessant wirkt der Wechsel im 9. Takt: Bm7b5 – Bb7b5 anstelle 2 Takte stures E7 zu spielen, hier zeigt sich die ganze Bandbreite interessanter Chordsubstitution die den Solisten inspririeren kann.
Auch in Takt 27 bei dem Change C7, B7, Bb7, A7, A7#5 wird das starre Muster aufgebrochen und man “fliesst” quasi zusammen mit der Struktur der Basslinie von der Tonika zur Sechste herunter.
Ein Dm9 anstelle eines Dm7-Akkordes erzeugt einen eher “modernen” Ansatz, das G13b9 danach und die folgenden Wechsel des Turnarounds beschliessen die Akkord-Folge mit colorierten Leitmotiven.

Wichtig bei der Auswahl von Chord-Substitutionen ist vor allem darauf zu achten dass man keine weit auseinander liegenden Chords spielt, also auf eine “kompakte” Akkordbegleitung achtet. Des weiteren erzeugen Leitmotive spannende Melodiebögen (z.B. über Leittöne verbunden). Beispiel: Dm7 – G13b9 – C6/9 o.ä., Leittöne hier F, E und D.

Natürlich muss man auch darauf achten nicht zu viele Akkorde unterbringen zu wollen, die gesunde Mischung von durchgehenden Takten zu abwechselnden Akkordfiguren macht letztlich das Salz in der Suppe.

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Akkordbegleitung und Chordsubstitution

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